Vom Winter im Sommer, der eigentlich ein Herbst ist

IMG_20181021_163420_resized_20181021_070716236Die Medienberichte der letzten Monate zeichnen ein groteskes Bild der Situation: Auf der einen Seite laufend Berichte über Extremwetterereignisse, Unwetterkatastrophen, Plastikozeane, Dürre, vertrocknete Felder, schmelzende Gletscher…..und daneben dann wieder „Businnes as usual“, als ob nichts wäre. Das löst bei mir unweigerlich starke Erinnerungen an „Titanik“ aus, wo die Musik unbeirrt weiterspielt, während die Hälfte vom Schiff schon untergegangen ist.

Der aktuelle Gipfel:

 

In derselben Ausgabe der Kleinen Zeitung (vom 19.10 2018) ein Bericht über die dramatischen Folgen des Klimawandels am Dachstein mit Austrocknung des Spiegelsees, Versiegen zahlreicher Bäche, blühender Enzian im Oktober, Wassermangel in den Tälern, notwendige Wassertransporte auf die Viehweiden,… und 2 Seiten davor das abstruse Bild des Kitzbühler Schneebandes Mitten im „Sommer“ gemeinsam mit der noch viel unglaublicheren Information, dass tatsächlich 2000 Menschen am ersten Wochenende dieses Schneeband zum Schifahren benutzt haben.

Ja, Schifahren in Badehose – auch das mag manchen gefallen.

Doch weniger lustig ist, dass uns nebenbei die Lebensgrundlagen quasi unter den Füßen „wegschmelzen“ und Menschen in anderen Teilen der Welt (jetzt schon!) das Wasser bis zum Hals steht. Wobei „Wasser“ hier nur ein Platzhalter ist, für Dürre, Ernteausfälle, verbrannte Regenwälder, Verteilungskonflikte, Perspektivenlosigkeit, Zerstörung von regionaler (Land)Wirtschaft….und sonstigen Folgen unseres maßlosen Ressourcen – und Energieverbrauchs, dessen Folgen und Kosten wir gnadenlos in andere Teile der Welt auslagern. Auch wenn es sich langsam nicht mehr verbergen lässt, dass sie früher oder später auch uns in voller Wucht treffen werden.

Das ist exakt der Punkt, wo sich die politische Verantwortung und die Verantwortung der Einzelnen treffen.

Genau der Moment, wo klar wird, dass es immer ein Zusammenspiel der politischen und wirtschaftlichen Rahmenbedingungen ist, die diesen Wahnsinn (wobei das Schneeband in Kitzbühl natürlich auch nur ein Sinnbild dafür ist) ermöglichen und der vielen Einzelnen, die den Wahnsinn mitmachen und Mitten im Sommer, der eigentlich ein Herbst wäre, Winter spielen….

Dem Klima wird es allerdings herzlich egal sein, ob sich die Regierenden auf die „KonsumentInnen“ ausreden oder die Bürgerinnen und Bürger auf „die Politik“! Es wird sich davon nicht beeindrucken lassen. Wie der letzte Bericht des Weltklimarates und sämtliche wissenschaftlichen Erkenntnisse der letzten Jahre ganz klar festgestellt haben, brauchen wir auf der Stelle eine mutige und zukunftsorientierte Politik, die tiefgreifende Veränderungen in allen Bereichen der Gesellschaft vorantreibt UND so viele Menschen wie möglich, die ihre Wahlfreiheit in diesem Sinne nutzen. Und zwar sowohl bei alltäglichen Entscheidungen, als auch bei demokratischen Wahlen und in ihrem gesellschaftlichen Engagement. Nur so kann es uns noch gelingen, das Klima und damit uns selbst zu retten!

Die Zeit der Ausreden muss endgültig vorbei sein! Alles andere wäre politisches Versagen – und menschliches!

Von Gösting über Ottensheim bis Südkorea – wir brauchen alle!

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In den letzten Wochen habe ich wieder unglaublich viele Menschen kennengelernt, die sich nicht nur Sorgen um das Klima und den Zustand unserer Welt machen, sondern auch selbst etwas beitragen, etwas verändern wollen.

Da mein Buch „Plastikfreie Zone“ vor einigen Jahren auch auf Koreanisch erschienen ist, melden sich seither immer wieder vor allem junge Menschen aus Südkorea, die etwas gegen die Plastikflut und die Vermüllung ihrer Umwelt tun wollen. Anfang Oktober war nun sogar ein Team des Südkoreanischen staatlichen TV Senders bei mir, um einen Beitrag für eine Dokumentation zum Thema Plastikmüll zu drehen. In Schulen, in Gemeinden, in Pfarren, zuletzt beim Erntedankfest in Gösting und bei einem Verein zum Erhalt der Lebensqualität in Ottensheim habe ich seit Schulbeginn unzählige Diskussionen darüber geführt, warum es in Österreich immer noch kein flächendeckendes Pfandsystem gibt, warum kaum Getränke in Mehrwegflaschen, wer dafür verantwortlich ist, dass elektronische Geräte immer schneller kaputt werden, warum sie kaum mehr reparierbar sind, warum tonnenweise Lebensmittel weggeworfen werden, obwohl sie durch die Plastikverpackung ja um so viel haltbarer wären,..…und welche drastischen Auswirkungen auf unser Klima dieses „System der Verschwendung“ hat. So kommt man von Plastikmüll fließend zu Klimawandel, Ausbeutung, Ressourcenverschwendung, Umweltzerstörung, Flucht,…

Plastik ist auch deshalb so ein gutes Thema, weil es so viel „sichtbar“ macht.

Und seit Jahren beobachte ich nun, dass eigentlich in jeder Diskussion zum Thema „Plastikmüll“ der Moment kommt, wo das Publikum diese Zusammenhänge ganz klar erkennt. Für mich ist es gleichzeitig auch immer der Moment der „Politisierung“. Der Moment, wo klar wird, dass Klimazerstörung, Plastikvermüllung unserer Gewässer, und vieles mehr keine Naturgesetze sind. Es sind von Menschen gemachte Gesetze und Rahmenbedingungen, die all das ermöglichen! Sie sind daher genauso veränderbar, wie persönliches Verhalten – und das ist eine zutiefst politische Verantwortung!

Man kann die Welt nicht „gesund und gerecht“ konsumieren, in einem System, das darauf beruht, Menschen und Ressourcen auszubeuten. Doch man kann sich diesem System zumindest teilweise entziehen, es verweigern – dazu ermuntere ich Menschen, seit ich vor 9 Jahren mit meiner Familie begonnen habe, mit meiner Familie plastikfrei einzukaufen. Man kann sich engagieren, mit andere zusammentun, Initiativen und Betriebe unterstützen, die sich für eine neue Vision von „Wirtschaft“ einsetzen. Denn letztlich geht es natürlich darum, Politikerinnen und Politiker, die bisher lediglich schöne Worte und Papiere produzieren, endlich zum Handeln zu bewegen! Und das wird nur gelingen, wenn möglichst viele Einzelne den nötigen Druck erzeugen – nicht nur bei Wahlen, sondern eben auch durch ihr tägliches, eigenes Handeln!

Überall auf der Welt gibt es Menschen, die das erkannt haben und sich dafür einsetzenIMG-20181012-WA0007

Wir brauchen sie alle, um den Wandel zu schaffen. Wir brauchen Allianzen, Solidarität, Empathie und Zuversicht. Und wir, die wir in einem der wohlhabendsten und sichersten Länder der Welt leben, haben die größte Verantwortung, um nicht zu sagen die Pflicht, dabei mit aller Kraft voranzugehen.

Woran leiden unsere Regierenden – Verantwortungsverweigerung, Realitätsverweigerung oder Doppeldiagnose?

IMG-20180813-WA0009Das frage ich mich schon den ganzen lieben Hitze-, Dürre-, Unwettersommer lang.

Das Interview von „Umweltministerin“ Köstinger am Samstag (15.9.) im Mittagsjournal war der Höhepunkt: Sie wolle zeigen, dass Klimaschutz auch ohne Komfort-Verlust und ohne Zeigefinger möglich ist. Klimaschutz funktioniere auch ohne Strafsteuern und Verbote.

Klimaschutz sei eine der „großen Prioritäten“ dieser Bundesregierung. Sie halte es für extrem wichtig, dass in der EU Subvention fossiler Energieträger drastisch zurückgehen müssen. Auf die Nachfrage des Journalisten, warum sie diesbezüglich in Österreich nicht sofort etwas verändern würde – man müsse erst den gesamten Bereich evaluieren….

Ja, genau! Evaluieren bis zum St. Nimmerleinstag. Schön Papiere Verfassen, Strategien, Programme…so tun, als würde man eh tun, die Probleme bejammern, sich erschüttert zeigen über die nächste Hitzewelle, die Dürrefolgen, die gesundheitlichen Auswirkungen, das nächste Hochwasser, die tapferen Einsatzkräfte loben, die Schuld auf die EU, China, Trump….schieben,…blablabla….das alles kenne ich aus dem steirischen Landtag nur zu gut!

Es sind extrem beliebte politische Strategien, um davon abzulenken, dass man eben NICHT bereit ist, endlich KONKRETE MASSNAHMEN umzusetzen und zwar genau dort, wo man selbst verantwortlich ist und es tun KÖNNTE!

Zumindest in einem Punkt bin ich mit Ministerin Köstinger trotzdem einig:

Klimaschutz soll nichts Negatives sein und ohne Komfortverlust über die Bühne gehen! Sehr richtig – doch das müsste halt ein bisserl rascher vor sich gehen, denn sonst ist der „Komfortverlust“ da, bevor wir mit dem Klimaschutz überhaupt erst richtig angefangen haben. Denn die Folgen der Klimakrise werden – wenn wir sie nicht bremsen – definitiv nicht ohne „Komfortverlust“ über die Bühne gehen. Sie bedeuten jetzt schon für viele Menschen den größtmöglichen „Komfortverlust“ – nämlich den Verlust ihrer Lebensgrundlagen!

Sonntagabend in der ZIB2: der Enerrgieverbrauch ist in Österreich wieder gestiegen, damit natürlich die CO2 Emissionen, die Klimaanlagen und Ventilatoren verbrauchen Unmengen, wodurch nun auch im Sommer der Energieverbrauch steigt, – wir wissen aber: ohne Energieeinsparung und Heben der Effizienzpotentiale KANN die Energiewende nicht gelingen, können wir die Klimakatastrophe NICHT verhindern!!! Außerdem gäbe es einen „Trend zu großen Autos“ – gleichzeitig die neuesten Studien: die Klimaveränderung schadet der Gesundheit enorm! https://derstandard.at/2000087275063/Bericht-Klimawandel-schadet-der-Gesundheit

Ich würde sagen: Auch wir SIND MITTEN im Komfortverlust! Aber nicht durch den Klimaschutz, sondern durch Untätigkeit und Ignoranz. Denn die Regierenden von Bund und Land jammern lieber, lassen zum hunderttausendsten Mal irgendwas evaluieren und schmeißen mit schönen Bekenntnissen um sich, anstatt das, was man seit Jahr und Tag weiß, endlich umzusetzen!

Und vielleicht liegt es auch ein wenig daran, dass bisher zu viele Leute auf diese Strategien reingefallen sind, was sich in Aussagen wie: „Klimaschutz machen eh schon alle!“, „An Klimaschutz kommt sowieso niemand mehr vorbei!“ äußert.

Ich kann dazu nur sagen: Doch, die Realität, die blanken Zahlen zum Energieverbauch und CO2 Ausstoß zeigen es – die Regierenden der letzten Jahrzehnte inklusive der aktuellen Bundesrgeierung sind bis jetzt daran vorbei gekommen, Klimaschutz zu MACHEN – sie reden maximal darüber und das ist definitiv zu wenig! Diese Regierenden schaden unserer Gesundheit!

Besserung ist nicht absehbar! Und wir haben KEINE Zeit mehr – deshalb müssen wir jetzt darum kämpfen!

„Weg mit Wegwerfplastik!“ – Wir brauchen eine Revolution der Verweigerung und klare politische Entscheidunge

Es ist immer dasselbe Bild. Ich gehe ein paar Meter am Strand entlang, bin überwältigt von der Schönheit der Natur, den Farben, der Einzigartigkeit, dieser unglaublichen Kraft des Meeres…und dann: stolpere ich mit 100%iger Sicherheit über das erste Stück Plastikmüll am Strand… am öftesten sind es hier jedenfalls Plastikflaschen oder Verschlüsse…

Und das alles ist noch nichts im Vergleich zur weltweiten Dimension des Problems:

https://diepresse.com/home/ausland/welt/5485836/Muellkippe-Meer-und-der-Traum-vom-plastikfreien-Ozean

Fast 9 Jahre ist es nun her, dass ich mit meiner Familie begonnen habe, „Einwegplastikfrei“ zu leben und einzukaufen. Genau so ein Urlaub an einem wunderschönen kroatischen Strand und kurz darauf der Film „Plastic Planet“ haben mich auf die Idee gebracht, Einwegplastik schlicht und einfach zu verweigern. Seither haben meine Familie und ich kaum mehr Plastikmüll – maximal einen halben bis einen ganzen gelben Sack bekommen wir zu fünft pro Jahr zusammen.

Und seit nunmehr 3 Jahren erlebe ich nun im steirischen Landtag, dass jeder einzeln meiner Versuche, die sinnlose Verschwendung von Plastik (und anderen Ressourcen) mittels konkreter Vorschläge zu reduzieren, bisher abgelehnt wurde.

Die „Krone“ hat sich lobenswerter Weise in den letzten Tagen dem Thema Plastik sehr eingehend gewidmet – am Ende der Serie gab es sogar noch einen Bericht über die zahlreichen Menschen und Aktionen, die sich bemühen, das Wegwerfplastik wieder aus der Natur zu entfernen, unter anderem auch eine Foto von mir bei einer der zahlreichen Sammelaktionen, an denen ich mich (in diesem Fall mit unserer ehemaligen Umweltsprecherin Christiane Brunner) beteiligt habe.

Doch die Lösung des Problems liegt in Wirklichkeit am Beginn der Kette und nicht an ihrem Ende. Die Produktion von Einwegplastik erzeugt Plastikmüll – so einfach ist das. Es ist dazu gemacht, weggeworfen zu werden. Die Folgen sind: Zerstörung mittlerweile riesiger Gebiete an Land und Wasser durch Plastikmüll, Klimawandel, Ressourcenverschwendung, Mikroplastik mit unabsehbaren Folgen in nahezu der gesamten Nahrungskette…und überall, vor allem in den Ländern des globalen Südens nicht „nur“ die ökologischen, sondern auch die sozialen Folgen dieser Zerstörung.

Wenn man das nicht will, darf es entweder nicht produziert werden oder man muss (dort wo es angeblich unvermeidbar ist) zumindest dafür sorgen, dass es wiederverwendet (Pfandystem mit Mehrweg) oder wenigstens sortenrein zurückgewonnen und recycelt werden kann(Pfandsystem.) Genau das wäre Verantwortung der Politik auf allen Ebenen!

Es ist für mich daher gänzlich inakzeptabel, dass die österreichische Bundesregierung zwar „Kreislaufwirtschaft“ in ihr Programm schreibt, aber jeden kleinen Schritt, der tatsächlich einer Umsetzung dieser Überschrift dienen würde (genauso wie die steirischen Landesregierung) ablehnt: Kostenpflicht für Plastiksackerl, Verbot von Mikroplastik, verpflichtender Pfand für Getränkeflaschen (inklusive Verbot von Einwegplastikflaschen), Pfand auf „Coffe To Go – Becher“,… und so weiter!

Daher bin ich immer mehr davon überzeugt, dass es tatsächlich sowas wie eine Revolution der Verweigerung braucht, eine Revolution für ein „Recht auf unversehrte Umwelt“, auf intakte Lebensräume, auf ein Klima, das uns und auch Menschen anderswo auf dieser Welt ebenso ein einigermaßen würdiges (Über)Leben ermöglicht! Eine Revolution der Verweigerung von Verschwendung und Misswirtschaft auf Kosten unserer Kinder und auf Kosten unzähliger Menschen anderswo, die durch kaum etwas deutlicher symbolisiert und drastischer sichtbar wird als durch den wahnsinnigen Umgang mit Einwegplastik.

Ich erinnere mich noch so genau an die bohrenden Fragen meiner Kinder als wir vor 9 Jahren an diesem wunderschönen Strand auf Istrien jeden Tag Unmengen an Plastikmüll einsammelten. „Mama, warum machen das die Leute? Wer ist schuld, daran?“ Ich musste mir damals eingestehen, dass wir alle Verantwortung dafür tragen – oder wie es eben die Kinder unmissverständlich ausdrückten: schuld daran sind!

Damals hat mich das zur persönlichen Verweigerung motiviert. Heute motiviert mich jedes dieser Stranderlebnisse mehr denn je, für klare politische Entscheidungen in einem der privilegiertesten und angeblich fortschrittlichsten Land der Welt zu kämpfen!

Es braucht die kleinen und die großen Schritte

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Mein heutiger plastikfreier Einkauf in Gratwein, ist definitiv einer der „kleinen Schritte“. Aber davon gab es in den letzten 9 Jahren zum Glück schon viele – und von sehr vielen!

Einwegplastik stellt ein massives Umweltproblem dar: Bis zu 85% aller Abfälle an Europas Stränden sind aus Plastik und davon ca. die Hälfte Einwegplastik. In der EU landen jährlich 150.000 bis 500.000 Tonnen Plastik im Meer. Die gesundheitlichen Folgen der rund 4000 verschiedenen chemischen Substanzen, die in der Plastikindustrie verwendet werden, können wir nach wie vor nur erahnen. Dasselbe gilt für die offenbar schon global durchgängige Belastung mit Mikroplastik, das über die Nahrungskette zwangsläufig wieder zu uns zurück kommt – und die EU fängt bei Strohhalmen an…

Wenn man sich so wie ich seit Jahren mit dem gigantischen Zerstörungspotential und möglichen Gesundheitsfolgen der uneingeschränkten Plastikverschwendungswut unserer Gesellschaft befasst, hätte man sich natürlich mehr gewünscht: Die großen Hebel, die endlich zur absolut notwendigen Reduktion der PRODUKTION von Einwegplastik führen würden, wurden nicht bedient, ja waren zuletzt nicht einmal mehr Thema: Plastiksteuer oder gar CO2 – Steuer, durchgehende Pfandsysteme für Einwegverpackungen, Einwegplastik, klar in Zahlen definierte Reduktionsziele,…

Es war klar – als die EU sich letzte Woche tatsächlich in ihrer „Plastikstrategie“ unter anderem auch zum Verbot gewisser Einwegplastikartikel durchgerungen hatte, ließen Hohn und Spott nicht lange auf sich warten: „Wattestäbchen, Plastikbesteck und Strohhalme…na das wird´s sicher bringen!“. Und nahezu in jedem Gespräch hatte irgendjemand eine „viel bessere Idee“, was denn nun zu tun sei, um den Plastikwahnsinn in den Griff zu bekommen.

Doch abseits der drängenden Fragen mancher Mitmenschen, wie sie nun wohl in Zukunft diverse Cocktails und Sommergetränke zu sich nehmen sollten, gibt´s natürlich absolut berechtigten Grund, an der ausreichenden Wirkung der von der EU vorgeschlagenen Maßnahmen zu zweifeln. Neben dem Verbot einiger besonders sinnloser Einwegplastikprodukte, soll es auch Reduktion von Lebensmittelbehältern, Einwegbechern,…usw. geben, die Sammelquote von Plastikflaschen soll auf 90 % gesteigert werden und einiges mehr…Alles gut und richtig, aber es fehlen hier leider verbindliche Reduktionsziele, konkrete Zahlen wieviel man tatsächlich einsparen will, klare Vorgaben. Das erinnert fatal an die Klima – und Energiestrategien der Bundesregierung und der steirischen Landesregierung. Man will zwar was tun (oder zumindest den Anschein erwecken) – aber bitte nur nicht zu konkret werden! Da könnte sich jemand auf den Schlips getreten fühlen…

Skepsis in Hinblick auf die ausreichende Wirksamkeit der vorgeschlagenen EU Plastikstrategie ist also mehr als angebracht und es wird definitiv weitere, konkretere und umfassendere Maßnahmen brauchen, um das Problem in den Griff zu bekommen.

Dennoch war und bin ich nach wie vor auch eine Freundin von kleinen Schritten.

Seit ich 2009 den Film „Plastic Planet“ (Werner Boote) gesehen habe, lebe ich mit meiner Familie nahezu ohne Einwegplastik. Was als Experiment für ein Monat begann, ist inzwischen für uns zur Selbstverständlichkeit geworden – trotz teilweise widriger Umstände. Dass ich heute, nach 9 Jahren immer noch monatlich Vorträge und Lesungen aus meinem Buch „Plastikfreie Zone“ halte, dass sich Menschen laufend bei mir melden, um mit mir über meine Erfahrungen zu sprechen, all das ist unglaublich motivierend. Inzwischen haben unzählige Menschen weltweit das Problem erkannt, Initiativen gegründet, Projekte gestartet, neue Geschäftsmodelle entwickelt, vieles ausprobiert, manches wieder verworfen, aber jedenfalls sehr viel in Bewegung gebracht!

Für mich selbst war der kleine Schritt, den Plastikkonsum meiner Familie zu reduzieren letztlich ausschlaggebend dafür, mich noch mehr politisch zu engagieren. Im Laufe des ersten Jahres unseres „plastikfrei Einkaufens“ wurde mir zunehmend bewusst, dass die von den politisch Verantwortlichen erzeugten Rahmenbedingungen es teilweise geradezu verhindern, dass die Mehrheit der Menschen sich ökologisch und sozial sinnvoll verhalten kann. Und seit ich politisch tätig bin, bemerke ich, dass verantwortliche Politiker nur allzu gerne den Spieß umdrehen und sich auf die angebliche Macht der Konsumentinnen und Konsumenten ausreden. Doch ausreden gilt nicht mehr!

Wenn wir die Kurve kratzen wollen – egal ob es um Klimakrise, Plastikverschwendung, Luftverschmutzung,… geht, brauchen wir jedenfalls mutigere Politik. Mit ein Grund, warum ich allen Lippenbekenntnissen zum Trotz, nicht müde werde, laufend neue Initiatven einzubringen!

Gleichzeitig braucht es aber auch die vielen Graswurzelbewegungen und Initiativen und die vielen kleinen Schritte aller Einzelnen, die sich für eine echte Veränderung des Systems engagieren. Weil sie motovieren, weil sie die Veränderung sichtbar machen und vor allem WEIL SIE DIE POLITIK MUTIGER machen können und müssen!

In diesem Sinne kann ich auch die ersten sanften Maßnahmen der EU Plastikstrategie in einem positiven Licht sehen und werde weiterhin alles tun, damit auf allen Ebenen weitere Schritte in die richtige Richtung folgen!

„Kopftuch – der neue Klimaschutz?“ – Versuch einer „Retourablenkung“

IMG_20180405_104916_resized_20180405_012232841Ich probier´s heute mal mit einem „Retour – Ablenkungsmanöver“.

Denn über das Thema, das unsere Zukunft und unsere Sicherheit wohl weitaus tiefgreifender beeinflussen und prägen wird, als jedes andere, wurde gestern für meinen Geschmack weitaus zu wenig diskutiert:

Reicht die groß angekündigte und nun von der Regierung vorgelegte Klima – und Energiestrategie aus, um den Ausstieg aus fossilen, klimaschädlichen Energieträgern und Verhaltensweisen rasch genug zu gewährleisten? Können wir damit nicht nur die Pariser Klimaziele erreichen, sondern vor allem auch eine für unsere Zukunft entscheidende Trendwende herbeiführen?

Zumindest in der Kleinen Zeitung gab´s Dank Günter Pilch dazu einen recht kritischen, doppelseitigen Bericht. Der Ökonom Stefan Schleicher, wiederholt im Interview jahrelange Grüne Kritik an klimaschädlichen Gesetzen, Förderungen und Steuerprivilegien und endet mit dem wenig überraschenden Resümee: „So schaffen wir die Ziele nicht“.

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Ich fühle mich fatal an meine Rede zur steirischen Klima – und Energiestrategie erinnert: Wir haben dieser Strategie deshalb nicht zugestimmt, weil auch sie zwar prinzipiell richtige Diagnosen stellt und wohlklingende Ziele in den Raum stellt, jedoch überall dort, wo es um konkrete, messbare und terminlich festgelegte Umsetzungsschritte geht, völlig unkonkret bleibt. Und auch in der Steiermark zeigt sich das Phänomen, dass von Regierungsseite zwar großspurig und vollmundig Bekenntnisse zum Klimaschutz abgegeben werden, gleichzeitig aber die konkreten finanziellen Mittel für den Klimaschutz sogar gekürzt wurden. Die Aussage des zuständigen Landesrates Lang auf meine Nachfrage, wie das zusammengeht: Man könne mit weniger Mitteln dasselbe Angebot bieten. – Interessant! Diese Methode müsste man sich dann für weniger zukunftsentscheidende Themen wohl auch mal überlegen…da könnte man dann einiges sparen. Aber Spaß beiseite:

Dass die politisch Verantwortlichen in Sachen Klimaschutz und Schutz der Menschen vor seinen Folgen längst, mit mehr Mitteln, klarer Gesetzgebung und dem unmittelbaren Stopp aller klimaschädlichen Förderungen und Privilegien (Stichwort: Dieselprivileg!!) reagieren hätten müssen und jeder Tag, an dem das nicht passiert ein verlorener Tag ist, der die unabsehbaren sozialen, ökonomischen und ökologischen Folgen eines ungebremsten Klimawandels weiter verschärft, scheint keine Rolle zu spielen. Dass die jahrelange Kritik der Grünen an dieser Untätigkeit nun durch ExpertInnen und NGOs wiederholt und verstärkt wird, war Kanzler Kurz aber zumindest doch wohl so peinlich, dass er mal schnell in seiner Werkzeugkiste gekramt und das Wundermittel Nr.1 herausgezaubert hat: Kopftuchverbot!

Damit war die Debatte über das „Nebenthema“ Klimakrise, ihre Folgen für uns und anderswo und welche Verantwortung ein hochentwickeltes Land wie Österreich hier auch im Sinne der Vorbildwirkung eigentlich hätte, ganz schnell vom Tisch gewischt!

Heute dominiert wieder das Wundermittel Nr.1 die Schlagzeilen. Bis zum nächsten Bericht über abschmelzende Gletscher, Klimabedingte Ernteausfälle in der Landwirtschaft, Vernichtung von Artenvielfalt, Schäden und Zerstörung durch Extremwetterereignisse,….der sicher auch wieder mit einem gekonnten Griff in die Werkzeugkiste oder einfach durch lähmende Ignoranz verebben wird.

Und ich bin mir nicht sicher, ob es mangelnder Mut ist, wie Günter Pilch diagnostiziert hat.

Aus meiner Sicht ist mangelnde Verantwortung und wohl das tief verankerte Wissen, dass dann wenn die Folgen eines ungebremsten Klimawandels uns auch hierzulande mit voller Wucht treffen werden, eh schon längst andere am politischen Werk sein werden. Und den Enkerln kann man dann immer noch erklären, dass alles keinen Sinn gehabt hätte, weil China und Amerika und Indien ja eh so viel größer und schlimmer waren…

Und vielleicht hilft ja auch das Kopftuchverbot irgendwie gegen den Klimawandel (oder zumindest gegen seine Folgen), denn wenn´s immer heißer wird, ist so eine Kopfbedeckung ja dann wirklich inakzeptabel… Aber auch dazu gibt´s durchaus unterschiedliche Theorien.

Was ehrlich notwendig wäre, damit Österreich seinen Beitrag zum Klimaschutz leistet ist seit Jahren bekannt, jahrelange Grüne Forderung und im Interview mit Stefan Schleicher so deutlich wiedergegeben, dass ich es hier nicht wiederholen muss

Das Notwendige endlich umzusetzen erfordert meines Erachtens nicht Mut, sondern eine ganz klare Veränderung der gesellschaftlichen und politischen (Macht)Verhältnisse!

Die abgeschobene Verantwortung

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Der heutige Kommentar von Hubert Patterer zur aktuellen Finanzierungsmisere in der Pflege entbehrt nicht einer riesigen Portion Zynismus. Von „abgeschobenen Eltern“ zu sprechen, während noch immer rund 80 Prozent derer, die die Pflege in Österreich durchführen, pflegende Angehörige sind, denen es teilweise an den nötigsten und sinnvollsten Unterstützungshilfen mangelt, ist schon starker Tobak. Zumal auch die prinzipielle Möglichkeit, sich solche Unterstützung zu organisieren in Österreich immer noch von der finanziellen und sozialen Situation der Einzelnen abhängig ist.

Abgeschoben haben hier wohl eher jene PolitikerInnen ihre Verantwortung, die sich seit Jahr und Tag weigern, das zu tun, was nötig wäre. Das geht vom so dringend nötigen Ausbau der mobilen oder halbstationären Pflegeleistungen bis hin zu niederschwelligen stundenweisen Unterstützungsangeboten und eben einer entsprechenden Finanzierung für all das, von dem wir wissen, dass es nicht nur BESSER für die Menschen sondern auch wirtschaftlich weitaus klüger ist.

In der Steiermark zum Beispiel liegt seit Jahren ein Bedarfs- und Entwicklungsplan zum Thema Pflege vor (vom Land im Übrigen selbst in Auftrag gegeben!), der genau diese Vorgangsweise fordert. Bessere Qualitätssicherung in der 24 h Betreuung habe ich selbst schon mindestens 3 Mal als Antrag in den Landtag eingebracht – denn auch die mangelnde Qualität ist (neben der Tatsache, dass diese Form nur finanziell besser gestellten Familien offen steht bzw. über Regress am Eigentum finanziert wird), für viele ein Grund letztlich doch einen Heimplatz zu suchen. Mein Antrag wurde jedes Mal abgelehnt. Und als ich Landesrat Drexler in der Budgetausschusssitzung für 2018 fragte, warum gerade bei alternativen Wohnformen und Tageszentren die Mittel sogar gekürzt wurden, bekam ich zur Antwort, man hätte eben keine Gelddruckmaschine. Ohnmacht, Unwille, „Wurschtigkeit“,…..? In welcher Kombination auch immer. Die Folgen müssen jedenfalls die pflegebedürftigen Menschen und ihre Angehörigen ausbaden.

Die Grünen haben jahrelang kritisiert, dass es sich beim Pflegeregress um eine Erbschaftssteuer bis zu 100 % handelt, wenn der betroffene pflegebedürftige Mensch länger im Heim lebt und dabei zum Beispiel das gesamte Haus, das er sich im Laufe des Lebens erarbeitet hat, in der Pflegefinanzierung aufgeht. Deshalb hatten wir die Forderung einer Erbschaftssteuer ab 500 000 € (also nicht nur bei „Superreichen“, sondern bei jedem überdurchschnittlich hohen Erbe), um eine gerechte Finanzierung sicherzustellen. Und auch über eine sozial gestaffelte Pflegeversicherung muss man des Weiteren angesichts der demographischen, sozialen und ökonomischen Herausforderungen zumindest nachdenken. Kurz vor der Wahl waren sich dann fast alle Parteien plötzlich einig, den Regress abschaffen zu wollen. Von einer Finanzierung wollte aber niemand etwas wissen. Das Schlimme ist nur, dass auch die jetzige schwarz-blaue Regierung nichts davon wissen will und Finanzminister Löger weiterhin darauf beharrt, dass 100 Mio. Euro reichen müssen, während schon die Spatzen von den Dächern pfeifen, dass es mindestens das 5 bis 6fache kosten wird. Und wenn nicht endlich Gegensteuerung in der Form passiert, dass die Alternativen ausgebaut und ebenfalls allgemein finanziert werden (also für die Einzelnen keine extra Kosten erzeugen), dann wird es wahrscheinlich noch viel, viel teurer… abgesehen davon, dass es gar nicht möglich sein wird die zusätzlich benötigten Heimplätze in absehbarer Zeit zur Verfügung zu stellen.

Als Physiotherapeutin arbeite ich immer wieder mit Menschen, die zu Hause gepflegt werden. Ich habe dabei unzählige Male erlebt, wie deren Angehörige sich durch die Pflege und mangelnde Unterstützung selbst in Krankheit, Depression und Arbeitsunfähigkeit manövriert haben und vor allem Frauen dabei auch noch ihre (bezahlten) Jobs aufgegeben und jegliche finanzielle Absicherung verloren haben. Die Last ohne ausreichende Unterstützungsangebote auf diese Menschen abzuschieben, ist fahrlässig und erzeugt weitere finanzielle Abhängigkeit und soziale Ausgrenzung. Die pflegenden Angehörigen fühlen sich nämlich normalerweise ganz und gar nicht „unzuständig“ wie Patterer es in den Raum stellt – im Gegenteil: Sie fühlen sich so sehr zuständig, dass das in vielen Fällen ihrer eigenen Gesundheit schadet!

Verantwortliche in Bund und Land müssen daher jetzt endlich aufhören, ihre Verantwortung abzuschieben. Und sie müssen endlich das tun, was sie schon längst hätten tun müssen: Eine entsprechende Qualität, Quantität und sozial gerechte Finanzierung für ALLE Pflegeformen zur Verfügung stellen. Und – in diesem Punkt bin ich mit Hubert Patterer einig – vor allem endlich die Realitätsverweigerung beenden und die Bearbeitung der tatsächlichen Probleme vor die eigene Marketingstrategie stellen!

 

Glaubwürdigkeit braucht mehr als Haltung

Image6Dass die Sehnsucht nach Glaubwürdigkeit in der Politik groß ist, haben die Ereignisse von letztem Freitag sehr deutlich gezeigt. Und diese Sehnsucht endet auch nicht mit dem Ende der aktiven Zeit von SpitzenpolitikerInnen – jedenfalls sicher nicht bei den Grünen. Für Ideale und Wertvorstellungen einzutreten, das spüren die Menschen, kann ja auch nicht von heute auf morgen aufhören, nur, weil man sich aus der Politik zurückgezogen hat.

Bei aller Enttäuschung und ja – vor allem auch Traurigkeit – die die medial inszenierte Präsentation der neuen „Novomatic – Nachhaltigkeitsmanagerin“ bei mir persönlich ausgelöst hat, hat sie mich auch in einer Überzeugung gestärkt:

Glaubwürdigkeit erfordert mehr als eine „klare Haltung“. Glaubwürdigkeit braucht auch ein ausreichendes Maß an Kompromissbereitschaft sich selbst und anderen gegenüber und diese muss wiederum gepaart sein mit einer ständigen (und in der Politik sowie im restlichen Leben oftmals extrem mühsamen) Auseinandersetzung über die Grenzen, die dabei nicht überschritten werden dürfen. Diese Auseinandersetzung ist für mich die Basis jeder politischen Glaubwürdigkeit.

Wenn sie nicht ehrlich und im geeigneten Rahmen stattfindet, besteht große Gefahr, früher oder später nicht mehr zu spüren, wo die Grenzen erreicht sind, sie für sich selbst zurechtzubiegen oder Kompromissbereitschaft mit Opportunismus zu verwechseln. Aber auch „die klare Haltung“ kann unreflektiert und ohne Korrektive zu einer starren Maske werden und leicht in Selbstgerechtigkeit abdriften, die niemanden mehr erreicht.

Im Alltag kennen wir das ja alle: Überall sind Kompromisse gefragt, überall wird über Positionen und Haltungen verhandelt von der Kindererziehung bis zum Job, privat oder beruflich und überall gibt es da auch Grenzen, deren Überschreitung einen Kompromiss, ein Zusammenkommen (oder Zusammenbleiben) eben verunmöglicht. Der Anspruch der eigenen Haltung immer 100%ig gerecht werden zu müssen, ist daher genauso falsch, wie so zu tun, als gäbe es keine Grenzen der Kompromissbereitschaft. Um eigene Positionen verhandeln zu können, müssen sie (in der oben erwähnten Auseinandersetzung mit sich selbst und anderen) allerdings immer wieder gecheckt, wenn nötig korrigiert oder abgesichert werden.

Die Empörung über die Unglaubwürdigkeit anderer, ist so gesehen immer auch eine Verpflichtung und ein Auftrag, sich mit der eigenen Glaubwürdigkeit auseinander zu setzen, genau hinzuschauen, wo der Kompromiss endet und der Verrat an eigenen Idealen beginnt, aber auch sensibel dafür zu bleiben, wenn die eigene Haltung sich in Starrheit und Überhöhung zu wandeln beginnt, man andere Meinungen nicht mehr an sich heranlässt und sich ständig moralisch überlegen fühlt.

Nach den für mich menschlich wie politisch extrem enttäuschenden letzten 3 Tagen, ist der Wunsch und auch der innere Antrieb, die Grünen Ideale weiter zu entwickeln und wieder bei mehr Menschen Begeisterung dafür zu erzeugen bei mir ungebrochen. In einer stetigen Auseinandersetzung mit eigenen Stärken und Schwächen, im Bewusstsein von Fehlbarkeit (deren Verleugnung ja für meine Begriffe eines der größten Glaubwürdigkeitsprobleme der Politik darstellt), vor allem aber im Bewusstsein des großen Privilegs, das ich seit 2einhalb Jahren als Landtagsabgeordnete und zumindest bis zum Ende dieser Legislaturperiode genieße: Eine Arbeit machen zu dürfen, in der ich mich genau für die Dinge einsetzen und stark machen kann, die mir auch vor der Politik immer schon wichtig waren –  und auch, wenn ich in der Opposition akzeptieren muss, dass nur sehr selten etwas genau so läuft, wie ich mir das vorstelle, ist das ist unglaublich erfüllend und sinnstiftend für mich.

Es ist gerade nicht sehr viel Aufwind da für die Grünen und ihre Ideale, aber gerade deswegen ist es mir umso wichtiger dranzubleiben – und es ist durchaus auch schon eine kleine Glaubwüdrigkeitschallange, zu beobachten, wer auch in Zeiten wie diesen bereit ist, für den Erhalt unserer Lebensgrundlagen und gute, gleichberechtigte Lebensbedingungen für alle Menschen zu kämpfen.

Der „neue Stil“ – Täuschen, Abschaffen, Verschieben und Schweigen

IMG_20180220_171138_resized_20180220_051206628Man hat es oft gehört in den letzten Wochen: Man solle sie doch an ihren Taten messen, die neue Bundesregierung! Doch langsam frage ich mich: Gehört das, was die neue Regierung bereits in den ersten paar Wochen ihrer Existenz durch Ankündigungen, Schweigen und faktische Abschaffungen an den Tag gelegt hat, etwas NICHT zu ihren Taten? Stichwort: Abschaffung der Notstandshilfe (ist jetzt zwar auf einen Zeitpunkt „nach den Landtagswahlen“ verschoben, aber keineswegs abgeblasen), Aufhebung des Rauchverbots in der Gastronomie, Verschiebung des Erwachsenenschutzgesetzes, … Und darf man Schweigen zu wesentlichen Punkten (Stichwort: Volksbegehren zur Aufhebung des Rauchverbots, Pflegenotstand,…) nicht auch als „Tat“ rechnen – wenn auch eher im negativen Sinn, als „Untat“…?

Mit gut inszenierten Shows in anderen Bereichen, versucht man zu suggerieren, man hätte das „Wichtigste“ ohnehin fest im Griff. Die Polizei soll in den nächsten Jahren 4.100 neue Beamte bekommen, verkündigte Innenminister Kickl im Pressefoyer letzte Woche und sprach von einem „guten Tag für die Sicherheit Österreichs“. Finanzierung zwar noch offen, aber man weiß zumindest mal, was man braucht, um die Menschen in Sicherheit zu wiegen….

Doch was ist mit der Sicherheit der Menschen, die Pflege brauchen oder der Sicherheit derer, die durch Behinderung, psychische Erkrankung (dazu zählt im Übrigen auch der in allen Gesellschaftsbereichen weit verbreitete Alkoholismus!) oder Unfälle, plötzlich einen „Vertreter“ brauchen (bisher Sachwalter)? Und was ist mit der Sicherheit, der unzähligen PassivraucherInnen, die jährlich an den Folgen der „Freiheit der anderen“ sterben? Jede(r) von uns kann hier Betroffene(r) werden, direkt oder durch Angehörige. Die Wahrscheinlichkeit ist sogar immens groß, denn wir alle werden älter und ebenso unsere Angehörige. Und die Wahrscheinlichkeit im Laufe des Lebens, die sozialen „Sicherheitsnetze“ irgendwann einmal zu benötigen, dürfte in einer immer älter werdenden Gesellschaft ebenfalls steigen. Doch anstatt all dies Themen ernsthaft zu bearbeiten, setzt die Regierung auf großangelegte Täuschungs – und Ablenkungsmanöver und bei heiklen Fragen gegebenenfalls auf Schweigen.

Für meine Begriffe nimmt die Retropolitik dieser Bundesregierung also schon nach wenigen Wochen wirklich bedrohliche Ausmaße an. Wenn es um längst überfällige Verbesserungen für Menschen mit Behinderung oder psychischer Beeinträchtigung geht, ist jetzt sogar die Investition in die Umsetzung des selbst mitbeschlossenen Gesetzes zu viel. (Das neue Erwachsenenschutzgesetz, das im Sommer in Kraft treten hätte sollen, wurde nämlich in der letzten Legislaturperiode EINSTIMMIG beschlossen).

Ich kann mich daher nicht einfach auf den Standpunkt: “Lassen wir sie doch mal arbeiten!“ ausruhen. Das wäre auf Basis dessen, was bisher vorgelegt und in den Raum gestellt wurde, fahrlässig und naiv. Denn alle Probleme und Zukunftsthemen dieses Landes werden wohl nicht mit zusätzlichen PolizistInnen gelöst werden können.

Hier sind nun also ganz rasch die Verantwortlichen in den Bundesländern gefragt. Denn die Folgen dieses „neuen Stils“ werden die Menschen überall treffen, die Budgets der Länder und Gemeinden unabsehbar belasten und stellen eine Bedrohung für die soziale Sicherheit und gesellschaftspolitische Entwicklung in unserem Land dar. In vielen Bereichen, wo die Regierung noch zwischen Untätigkeit, Schweigen, Verzögerung und angekündigten Abschaffungen von Leistungen herumlaviert, zb. bei der Pflege, Mindestsicherung oder der Umsetzung des neuen Erwachsenenschutzgesetzes, müssen die politisch Verantwortlichen in den Ländern, jetzt klar und deutlich Position beziehen und die entsprechenden „Taten“ im Sinne der Menschen einfordern.

Die Zeit der plakatierten Veränderung ist vorbei – jetzt geht es darum, diese in die Zukunft und nicht zurück in die Vergangenheit zu steuern. Dazu muss man diese Regierung mit der Realität vieler Menschen in Österreich konfrontieren und darf sie nicht weiterhin nur große Sprüche über angebliche Sicherheit klopfen lassen.

„Die weiße Rose“ 2018

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Ich habe „Die weiße Rose“ zu Ostern 1986 bekommen und gelesen – da war ich knapp 15 Jahre alt und das Ende des 2.Weltkriegs und der grausamsten Verbrechen der Menschheitsgeschichte, das sich Mitten in meinem Heimatland abgespielt hatten, gerade einmal etwas mehr als 40 Jahre her.

Dennoch hatte ich damals das Gefühl, das alles wäre „ewig“ weit weg. Die Stimmung von damals war unvorstellbar für mich. Und trotz zahlreicher Erzählungen auch, dass meine Großeltern das alles mehr oder weniger direkt miterlebt hatten, dass sie Teil dieser Geschichte waren. Unfassbar, dass es auch in unserem Land möglich war, junge Menschen, die sich mit friedlichen Mitteln, gegen ein faschistisches Regime zur Wehr setzten, staatlich legitimiert zu ermorden.

Es war unglaublich aufwühlend dieses Buch zu lesen und gleichzeitig so tröstlich. Inmitten dieser bestialischen, mitlaufenden, schweigend – stillhaltenden oder unwissenden Masse, gab es doch Menschen, die sich widersetzten. Sie konnten nicht schweigen, nicht tatenlos zusehen, sie verteilten Flugblätter, sie wollten aufrütteln, die mordende Diktatur an den Pranger stellen und bekämpfen. Und sie wurden dafür letztlich selbst feige ermordet – dennoch:

Hoffnung, Kraft und Mut, die dieses Buch ausstrahlte, waren viel größer als Traurigkeit oder Zorn. Die Tatsache, dass es immer Menschen gegeben hat, die gegen Rassismus, Verhetzung und staatlich legitimierten rassistischen Massenmord angekämpft haben, die Menschen gerettet haben, obwohl sie sich damit selbst in Lebensgefahr begaben, machte die Unfassbarkeit des Naziregimes und der Mechanismen, die dazu geführt haben, irgendwie erträglicher. Es waren nicht ALLE! Und nein, die riesige Mehrheit, die das Regime ermöglicht und mitgetragen hat, hatte NICHT Recht. Das – für mich – größte und brutalste Scheitern der Menschheitsgeschichte war die Folge.

Jänner 2018:

Wenn die Präsidentin des Steirischen Landtags am kommenden Montag anlässlich der Befreiung des Konzentrationslagers Ausschwitz – Birkenau zur Gedenkveranstaltung lädt, wird ein Mann der sich unwissend und unschuldig dazu stellt, dass die widerlichsten Verbrechen der Menschheitsgeschichte in den Liederbüchern der von ihm mit geführten Burschenschaft verherrlicht und die Opfer verhöhnt werden, möglicherweise künftiges Mitglied der niederösterreichischen Landesregierung sein.

Sein Parteichef verwehrt sich im heutigen Kleine Zeitung Artikel „gegen Pauschalurteile über redliche Vereine“ und meint „Antisemitismus habe in der FPÖ nichts verloren“, während seine Partei nach wie vor ungebremst und unter emsiger Beihilfe der ÖVP unter Kanzler Kurz Pauschalurteile und Hetze gegen verschiedenste Gruppen von Menschen schürt und die Stimmung im Land gezielt in eine Richtung bringt, die Rassismus und Menschenverachtung wieder salonfähig gemacht hat.

Die Pseudodistanzierung vom Antisemitismus scheint für Strache und Co. geradezu praktisch zu sein – denn die Sündenböcke für alles und jedes hat man ja längst wo anders gefunden. Da ist es zumindest für die Parteispitze ein Leichtes, sich trotz der „Dauerausrutscher“ ihrer Funktionäre offiziell von Antisemitismus zu distanzieren und den Rauswurf derer zu fordern, die ungeschickt genug sind, die offizielle „Distanzierungsstrategie“ zu stören. Warum Landbauer dennoch nicht gehen muss, hat allerdings noch niemand erklären können. Da sind die kurz bevorstehende Wahl und die Hoffnung, dass man ja von vielen trotzdem oder gerade deswegen gewählt wird, wohl wichtiger…

Wir werden am Montag bei der Gedenkveranstaltung im Landtag die beiden Vorträge „Von 1938 lernen: was, warum, wozu?“ (Dr. Werner DREIER ) und „Das Holocaustgedenken und die Wiederaneignung verschütteter Erinnerung“ (O. Univ.-Prof. Dr. Peter GSTETTNER ) hören und gleichzeitig ist es in diesem Land 2018 möglich, dass eine Person wie Udo Landbauer, sich für ein politisches Amt bewirbt.

In einem Land, das vor einigen Jahrzehnten an der bestialischen Ermordung von über 6 Millionen Juden beteiligt war, sollte sich jemand, der als stellvertretender Obmann angeblich „nichts gewusst“ hat und dann die Lieder über diese abscheulichen, blutrünstigen Taten auch noch mit „Stille Nacht“ und „Oh Tannenbaum“ vergleicht, einfach NICHT FÜR EIN POLITISCHES AMT BEWERBEN DÜRFEN!

Die Millionen Menschen, die das Naziregime ermordet oder in den Tod getrieben hat, jede und jeder Einzelne von ihnen, egal ob Jude, Regimegegnerin, Homosexueller, …. und nicht zuletzt die mutigen, jungen Menschen der „Weißen Rose“ sind 2018 mehr denn je Verpflichtung für uns, denen keine Gefahr droht. Verpflichtung, Scheinheiligkeit aufzuzeigen und diejenigen, die der Menschenverachtung Tür und Tor öffnen, schonungslos zu demaskieren.

„Die weiße Rose“ hat nicht nur meine Jugend geprägt. Sie war letztlich ganz entscheidend für mein politisches Engagement und meine Überzeugung, dass man Menschenverachtung immer und überall aufzeigen und bekämpfen muss – und zwar BEVOR sie normal wird!