Der „Plastiksackerleiertanz“

 

Nun ist es also soweit – sein Vorgänger hatte 2011 ein „Plastiksacklerverbot“ in Österreich noch als unnotwendig erachtet, weil hierzulande ohnehin „alles recyled werde“. Nun kam gestern (immerhin mit 5 Jahren Verspätung) folgende Pressemeldung:

Wien (OTS) – Bundesminister Andrä Rupprechter präsentierte heute Montag, gemeinsam mit Vertretern des Handels und NGOs die Eckpunkte des Paktes zur Verringerung der Anzahl von Einwegtragetaschen. „Plastiksackerl verbrauchen wertvolle Ressourcen und belasten bei falscher Entsorgung die Umwelt, insbesondere die Gewässer“, erklärte Bundesminister Andrä Rupprechter.

Kurze Zwischenbemerkung: Na immerhin, auch schon draufgekommen…Und weiter:

Die sogenannte „Plastiksackerl-Richtlinie“ der EU sieht vor, dass die Mitgliedsländer bis 2019 auf 90 Sackerl pro Person und Jahr reduzieren. Die freiwillige Vereinbarung tritt mit 1. Juli 2016 nicht nur früher in Kraft, sondern ist durch die Zielsetzung von 25 Sackerl pro Person auch ambitionierter als die EU-Richtlinie. In den letzten Monaten wurde die Vereinbarung mit ausgewählten Unternehmen sowie NGOs verhandelt und besteht aus mehreren Maßnahmen. Tragetaschen werden in Zukunft nur noch kostenpflichtig an die Konsumenten und Konsumentinnen abgegeben. Von dieser entgeltlichen Abgabe sind lediglich die Frischebereiche wie Gemüse- und Obstabteilungen ausgenommen. Allerdings werden die sogenannten Knotenbeutel im Kassenbereich nicht mehr zur freien Entnahme angeboten. Zusätzlich soll die Kundeninformation verbessert, der Einsatz von Mehrwegtragetaschen forciert und Umweltprojekte gefördert werden.

 Grundsätzlich muss man es natürlich wertschätzen, dass nun auch im österreichischen Umweltministerium angekommen ist, dass hier Handlungsbedarf besteht. Und das tue ich auch! Gleichzeitig stimmt es mich allerdings bedenklich, dass wieder nur eine Minimalvariante „verhandelt“ wurde – so als wäre die Verwendung von Plastiksackerln essentiell für Lebensqualität und Zufriedenheit der österreichischen Bevölkerung…In Lesungen und Vorträgen zu meinem Buch „Plastikfreie Zone“ kommt immer wieder die Frage auf, was „die Politik“ eigentlich macht, um das gigantische weltweite Problem einzudämmen. Leider muss ich dann fast immer sagen: „Viel zu wenig!“. Zumindest was den Teil „der Politk“ anbelangt, die seit Jahren das Ruder in der Hand hat und entsprechende Maßnahmen (wie zum Beispiel ein Pfandsystem auf alle Plastikgebinde) durchzusetzen könnte.

Warum nimmt Österreich nicht endlich eine Vorbildrolle ein, wenn es um den Schutz und die Erhaltung unserer Lebensräume, unserer Ressourcen und unserer Gesundheit geht? Warum wird immer gerade bei solchen Themen gezaudert und herumgeeiert, während man bei anderen Themen ganz schnell Entscheidungen trifft? Und warum misst man immer mit so unterschiedlichem Maß? Wenn man in diesem Bereich so auf Freiwilligkeit setzt, warum können dann zumindest kleine Betriebe oder EPUs nicht zum Beispiel auch freiwillig auf Registrierkassen verzichten.

Da ich nun bereits seit mehr als 6 Jahren nahezu plastikfrei einkaufe und wir als 5 köpfige Familie in dieser Zeit maximal einen halben bis dreiviertel gelben Sack Plastikmüll pro Jahr produziert haben, kann ich guten Gewissens sagen, dass Plastikverpackungen in den allermeisten Fällen gänzlich überflüssig sind. Sie erhöhen NICHT die Lebensqualität, sie machen NICHT glücklicher, sie tragen NICHT zu mehr Gesundheit oder weniger Lebensmittelverschwendung bei, sie sind einfach nur Ausdruck einer gigantischen Verschwendungskultur, die ihrerseits wiederum Teil eines weltweiten „Misswirtschaftssystems“ darstellt. Die Plastiksackerl sind da nur die oberste Spitze des Eisbergs und eine freiwillige „bisserl weniger“ Vereinbarung damit auch nur ein Tropfen auf den heißen Stein. Die Verschwendung weg von Plastik hin zu Papier oder so genannten Biokunststoffen zu verlagern, ist jedenfalls alles andere als eine Lösung!

Wir brauchen keine „Materialumstellung“, wir brauchen eine Verhaltensumstellung!

Und Politik hat die Aufgabe Rahmenbedingungen zu schaffen, um diese Verhaltensumstellung für möglichst viele Menschen zu erleichtern. Das würde zum Beispiel bedeuten: keine Abgabe von Gratissackerln (egal aus welchem Material und für welchen Zweck), flächendeckendes Pfandsystem für sämtliche Einwegverpackungen, Bewusstseinsbildung und gezielte Förderungen für Mehrwegsysteme,…

Ich habe zu dieser Thematik erst kürzlich einen Antrag im steirischen Landtag eingebracht und erwarte demnächst die Stellungnahme der Landesregierung dazu! Inzwischen mache ich weiterhin das, was ich seit Jahren mache: Ich verwende meine aktuellen Lieblingsstofftaschen täglich nicht nur zum Transport meines Einkaufs sondern auch von Botschaften, die mir aktuell grad sehr am Herzen liegen…;-)

Und dazu noch ein spezieller Tipp für alle, die einmal so richtig dem Verpackungsfreien Einkauf frönen wollen: „Das Gramm“ (Primus Gewinner 2016!!) hat gerade in der Neutorgasse in Graz eröffnet und bietet Verpackungsfreie Köstlichkeiten aller Art! Sehr empfehlens – und nachahmenswert! Aber dazu bei nächster Gelegenheit mehr…

20160503_081519_resized_1

4 Gedanken zu „Der „Plastiksackerleiertanz““

  1. Ja meine Liebe, ich habe volles Verständnis für die Bemühungen Plastikmüll zu vermindern. Meistens wenn ich gezielt einkaufen gehe bringe ich eine Stofftasche. Doch gibt es auch Gelegenheiten wenn man unterwegs ist dass einem einfällt das man was vergessen hat oder braucht und dann geht man eben in ein Geschäft und kauft es. So wie kürzlich beim Spar. Ich hatte 3 Sachen, eine davon war tiefgekühlt. Jedenfalls zu groß und kalt um in der Hand zu tragen. Sagte die Kassierin es gibt keine kleinen Sackerln mehr bei der Kassa. Also es geht mir nicht um die € -,15 für ein großes Sackerl, es geht mir um die Verschwendung ein großes Sackerl wegzuschmeißen wenn ein Kleines auch genügt hätte. Große Sackerl kann ich nicht mehr brauchen/weiterverwenden, aber die Kleinen habe ich meist für mein Jausenbrot wiederverwendet. So lange es überhaupt Plastik gibt ist diese Verordnung ein Hirngespinst. Man wird es nie los werden, also es wäre besser wenn man auf kompostierbares Plastik umsteigt, auch wenn es mehr kosten würde. http://www.livescience.com/4736-plastic-decomposes-faster.html Es wäre besser wenn man gezielt überschüssige Verpackung angreift. Dagegen sind diese kleine Plastiksackerl die kleinste Sorge.

    1. Ich lebte jahrelang in Kanada, die Safeway-Kette in Kanada und den USA recycelt Plastiksackerl und sendet sie an http://www.trex.com/recycling/recycling-programs/ – in Alberta, wo ich für eine lange Zeit lebte können Plastikflaschen in Depots zurückgegeben werden – ein Anreiz für viele Kinder, Geld zu verdienen, von Haus zu Haus Flaschen zu sammeln, oder auch in Strassengräben, Picknickbereichen und Parks zu suchen. http://albertadepot.ca/general/how-much-is-it-worth/

      1. Guter Beitrag auf dieser Webseite hier – besonders lesenswert sind die Kommentare: http://e360.yale.edu/feature/incineration_versus_recycling__in_europe_a_debate_over_trash/2686/
        mit anderen Worten: es ist alles nicht so einfach wie sich das der kleine Maxi vorstellt.
        Die Frage dann ist: was geschieht mit dem Müll den Du da so fleißig gesammelt hast (Titelbild) – verstehe mich nicht falsch: Es ist besser, es von der Natur zu entfernen, aber wie das erste Gesetz der Thermodynamik besagt, „Energie kann nicht erzeugt oder vernichtet werden, wobei die Gesamtmenge der Energie im Universum gleich bleibt.“

Schreibe einen Kommentar