Der gestrige Start unserer Naturschätzetour in der Steiermark war für mich in vielfacher Hinsicht sehr beeindruckend. Das „Hartberger Gmoos“ ist ein so genanntes Flachmoor, in dem viele seltene Tier – und Pflanzenarten leben. Da es direkt an Hartberg grenzt, stellt es auch das wichtigste Naherholungsgebiet für die Stadt dar.
Dass das Europaschutzgebiet (Natura 2000 Gebiet) förmlich in die Stadt übergeht, war für mich sehr überraschend und gleichzeitig extrem wohltuend! Oft wird im Diskurs um „Umweltschutz“ ja so getan, als hätte „die Umwelt“ kaum etwas mit unserem menschlichen (Zusammen)Leben zu tun.
„Umwelt“ soll zwar geschützt werden – das hat sich nun zumindest als Floskel in weiten Kreisen etabliert. Solange „die Umwelt“ nicht als die essentielle Lebensgrundlage des (menschlichen) Lebens wahrgenommen wird, ist es allerdings immer relativ leicht möglich, so zu tun, als könnten andere Interessen wichtiger sein. Und das Wort Umwelt selbst trägt meines Erachtens auf der sprachlichen Ebene einiges dazu bei. Suggeriert es doch, dass unser Lebensraum etwas von uns „Abgetrenntes“ oder „Abtrennbares“ sein könnte.
Während immer mehr Arten von unserem Planeten verschwinden, immer mehr Lebensräume durch Klimawandel und Ressourcenverschwendung zugrunde gehen, immer mehr Menschen ihre Lebensgrundlage aufgrund von Ausbeutung, Landraub, Verschmutzung und Zerstörung verlieren, sprechen viele immer noch von Umweltschutz, als ein notwendiges Übel und meinen eigentlich: Wirtschaftswachstumsbremse! Wirtschaftliche Interessen werden in unserer Gesellschaft fast immer höher bewertet als die intakte Natur, obwohl diese unsere Existenzgrundlage bildet. So, als hätte das eine nichts mit dem anderen zu tun…
Ich bin immer wieder verzweifelt, ob dieser Ignoranz und Dummheit!
Eine der Teilnehmerinnen hat mir gegen Ende unserer Wanderung erzählt, dass genau hier vor Jahren eine Umfahrung der Stadt Hartberg geplant gewesen wäre. Es gab (und gibt) nämlich große Probleme mit Staus in der Stadt. Man wollte also das Problem (zu viel motorisierter Individualverkehr) mit zusätzlicher Infrastruktur lösen und dem Problem damit noch mehr Raum geben…..Auf Kosten eines unglaublichen Naturschatzes, der unwiederbringlich zerstört worden wäre und auf Kosten aller Menschen, die diesen großartigen Lebensraum für immer verloren hätten. Gott sei Dank ist das in diesem Fall nicht passiert!
Den Hartbergerinnen und Hartbergern ist dieser Schatz Dank der Ausweisung als Schutzgebiet voraussichtlich auf lange Zeit gesichert: Raum für Erholung, zum Entspannen, sich lebendig zu fühlen, die unfassbare Schönheit von nahezu unberührter Natur jeden Tag erleben zu können. Ein unbezahlbarer Wert und gleichzeitig Lebensqualität pur für alle Menschen, die es nutzen wollen. Ohne Eintritt, ohne Konsumzwang, sogar ohne, mit dem Auto irgendwo hin fahren zu müssen, direkt vor der Haustüre!
Mich hat diese wunderbare Wanderung durch das „Hartberger Gmoos“ auch deshalb so sehr berührt, weil sie meine Überzeugung gestärkt hat, dass gesunder und unversehrter Lebensraum eines der grundlegendsten Menschenrechte ist. Und weil diese Überzeugung nicht an unseren Grenzen Halt macht und nicht an irgendwelchen Zäunen, weil wir alle, egal woher wir kommen, dasselbe Recht darauf haben, kann ich gar nicht anders als im Sinne der Menschen und des Lebens im Allgemeinen weiter dafür zu kämpfen.
Und das sage ich nicht nur als „Umweltaktivistin“. Das sage ich auch als Sozialsprecherin, als Gesundheitssprecherin, als Familiensprecherin und vor allem als eine, die fest daran glaubt (so abgedroschen das auch klingen mag), dass echte Lösungen für unsere Zukunft nur gelingen können, wenn wir den „Einklang von Mensch und Natur“ wieder herstellen. Alles andere schadet letztlich nicht nur der „Umwelt“, es schadet und gefährdet (wenn auch manchmal zeitversetzt) immer auch Menschen.
In diesem Sinne freu ich mich schon sehr auf den nächsten Naturschatz…oder besser gesagt, ich nehme ihn wieder deutlicher wahr! Jeden Morgen, wenn ich die Tür aufmache…