Noch viel Luft nach oben!

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„Mama, ich hab das Gefühl, ich ersticke gleich…“, hat der Sohn einer Freundin unlängst beim Verlassen unseres Hauses gesagt (das sich nicht in der „Feinstaubhochburg“ Graz, sondern 13 km nördlich in Gratwein-Straßengel, Ortsteil Hörgas befindet).

Ich kenne das Gefühl! Es überkommt mich speziell in letzter Zeit regelmäßig, wenn ich mit dem Rad zum Bahnhof Gratwein fahre und noch ärger, wenn ich zurück fahre, denn da geht es bergauf, man atmet tiefer, braucht länger und hat das Gefühl, die Abgase dringen direkt in jedes einzelne Lungenbläschen vor. Das passiert einem sogar, wenn man mitten in der Nacht mit dem Fahrrad heimfährt – denn blöder Weise haben Feinstaub und Co. die Eigenschaft, sich in gewissen Lagen und unter bestimmten Witterungsumständen nicht „in Luft aufzulösen“….

Und ein weiteres Phänomen kehrt in diesem Zusammenhang ebenfalls wieder wie das Amen im Gebet:

Sobald aufgrund „ungünstiger Witterungslagen“ die Feinstaubtage ein gewisses Maß übersteigen, ereifern sich auch jene, die sich unter „günstigen Umständen“ herzlich wenig dafür interessieren und fordern Maßnahmen und Lösungen. Was unter „günstigeren Witterungsbedingungen“ gerne verdrängt wird, nämlich, dass die bisher getroffenen Maßnahmen nicht ausreichen, um die Gesundheit der Bevölkerung zu schützen, erstaunt offenbar manche immer wieder von neuem!

Dabei wurde mit der Novelle des Immissionsschutzgesetzes – Luft (IG-L) 2010 der Spielraum der Länder zur Umsetzung von Maßnahmen deutlich erhöht (für die diesbezügliche Gesetzgebung selbst ist der Bund zuständig). Hier nur eine kleine Auswahl der möglichen Maßnahmen:

  • Verkehrs- und Geschwindigkeitsbegrenzungen,
  • Parkraumbewirtschaftung,
  • Förderung des Austauschs von alten Festbrennstofffeuerungen mit modernen/sauberen Heizungsanlagen in Haushalt und Gewerbe,
  • Maßnahmen zur Reduzierung der Staubemissionen und -aufwirbelungen im Rahmen des Winterdienstes.

Man weiß, dass Feinstaub krank macht, vor allem bei Kindern die Häufigkeit von Atemwegserkrankungen massiv erhöht, dazu beiträgt, dass Menschen früher sterben…dennoch: die Forderung nach politischen Maßnahmen scheint bis jetzt nur dann entsprechend laut zu werden, wenn wir schon kurz vorm Ersticken sind.

Um das Problem nachhaltig in den Griff zu bekommen, braucht es aber auf allen politischen Ebenen ein „witterungsunabhängiges“ politisches Bekenntnis, die Gesundheit der Bevölkerung ÜBER andere Begehrlichkeiten zu stellen. Hier gibt es noch jede Menge zu tun: bestens ausgebauten und leistbaren, öffentlichen Verkehr, gut ausgebaute, sichere Radwege für den Alltagsverkehr, belebte Ortskerne, die zu Fuß gehen und Radfahren wieder attraktiv machen, vernünftige Raumplanung, gegebenenfalls auch autofreie Tage, Citymaut oder ähnliche Modelle…. All das forcieren Grüne PolitikerInnen in Bund, Land und Gemeinden ständig – und nicht alles stößt immer auf Gegenliebe – vor allem wenn das Wetter gerade mal „gut“ ist!

Auch in den Gemeinden können PolitkerInnen viel bewirken und natürlich auch „vorbildhaft“ sein und das tun, was jede(r) Einzelne tun kann: mit dem Rad zum Einkaufen, Bahnhof,..usw. fahren, öffentliche Verkehrsmittel benutzen, Fahrgemeinschaften bilden, …

Es wurde schon einiges getan in den letzten Jahren, aber es gibt meines Erachtens auch für die Politik noch viel Luft nach oben! Und letztlich entscheiden  natürlich immer auch Mehrheitsverhältnisse (und damit die BürgerInnen bei Wahlen!) darüber, ob und in welchem Ausmaß wirksame Maßnahmen und Rahmenbedingungen für Gesundheit und Umwelt tatsächlich vorrangig umgesetzt werden. Die politischen Möglichkeiten sind jedenfalls bei Weitem noch nicht ausgeschöpft – man muss sie nur auch wählen!

Ein Gedanke zu „Noch viel Luft nach oben!“

  1. Liebe Sandra,

    Wäre interessant, zusammenzuarbeiten. Frage gerade die Stadt Graz, ob sie interessiert ist, sich an einem Projekt im EU-Programm Sustainable Cities and Communities (SCC) zur Essbaren Stadt zu beteiligen. Möglichkeiten gibt es viele, das Klima in der Stadt zu verbessern.

    Viele Grüße, Martin

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